Die MTV-Kinder- und Jugendleichtathletik in der Corona-Krise

Seit mehr als drei Monaten liegt das sportliche Geschehen auf den Anlagen der Stadt wie auch der LGR-Vereine nun schon wieder brach. Coronamaßnahmenbedingt darf die riesige Europahalle nur (oder wenigstens) von privilegierten Kaderathletinnen und -athleten genutzt werden, und selbst das Trainieren auf großen Freiluftanlagen, wie wir sie beim MTV besitzen, ist quasi verboten. Letzteres verwundert besonders, da es kaum eine bessere Pflege des eigenen Immunsystems gibt, als Sport an der frischen Luft. Aber nein, nicht einmal kreative Hygienekonzepte wie im Frühsommer letzten Jahres dürfen derzeit Abhilfe schaffen.

Wann Politik und Gesellschaft aus der selbstgestellten Panikfalle herausfinden werden, bleibt unklar. Klar scheint dagegen, dass Kinder und Jugendliche, die ihre Bedürfnisse nun schon seit einem Jahr nur ansatzweise ausleben können, besonders unter den Corona-Maßnahmen leiden. Die entsprechend düstere Bilanz, auf die heute schon Eltern, Kinderärzte und -psychologen hinweisen, wird man wohl frühestens am Ende dieses Jahres oder noch später ziehen können.

In der MTV-Leichtathletikabteilung versuchen wir derweil das Beste aus der Situation zu machen. Trainings finden seit 13 Wochen als Skype-Konferenzen online statt. Unsere Übungsleiter Filip, Nils, Steffen, Pat und Sofia leisten dabei einen tollen Job – und das, ohne zu wissen, ob an den Bildschirmen überhaupt und in welchem Maße mitgemacht wird. Keine zielgerichteten Aufmunterungen, keine direkte Korrekturen, keine schnellen Rückmeldungen, kein gemeinsames Leiden und Lachen –das ganze Elend der eingesperrten Sportgemeinde offenbart sich zur Zeit auf dem anonymen 15-Zoll-Bildschirmdes heimischen Laptops. Vom „social distancing“ zum „sportydistancing“, willkommen in der schönen neuen Corona-Sportwelt!

Die direkten Kontakte, das kommunikative Miteinander, das gegenseitige Motivieren wie auch das sportliche Konkurrieren, all das brennt nun seit Monaten, um nicht zu sagen seit einem Jahr auf absoluter Sparflamme. Dass nach der schon deutlich verkürzten Sommersaison des vergangenen Jahres auch die komplette Hallensaison für die Jugend-Leichtathletik gestrichen wurde, stand sowieso schon länger fest. Und das Trainingslager in Riccione, über Ostern quasi unsere zweite Heimat, muss abermals gecancelt werden. Wahrscheinlich machen sich inzwischen allenthalben Lethargie und Lustlosigkeit breit, da können auch kleine Challenges oder der Live-Stream vom Indoor-Meeting nur kurzzeitig Abhilfe schaffen. Es ist eben ein großer Unterschied, ob man seine Trainingspläne als Jugendliche(r) oder gar als Kind alleine und isoliert abarbeiten muss oder sich von der Gruppe und all ihren vielfältigen positiven Effekten mitreißen lässt.

Der große und leistungsstarke MTV-Nachwuchspool ist jedenfalls zur Zeit von nahezu 100 Kindern und Jugendlichen auf knapp 30halbwegs regelmäßige „Follower“ geschrumpft. Ein Jahr lang hat es nun so gut wie keine Neuaufnahmen gegeben, viele unserer jüngeren Sportler (U14-U10) schweben derzeit wohl, vom Bildschirmgeschehen abgenabelt, im häuslichen Off herum. Man kann nur hoffen, dass sie sich nicht still und leise verabschieden werden oder es bereits mental getan haben – einer der riesigen Kollateralschäden, die für unsere Politik keine Rolle zu spielen scheinen!

Training in „Präsenz“ – auch so ein Zauberwort – war und ist ausschließlich den Kaderathletinnen und -athleten vorbehalten. Nur eine Handvoll U16-Jugendlicherist es daher, die zweimal pro Woche live auf dem MTV-Gelände oder in der Europahalle in der Kleinstgruppe an der Form feilen darf. Schon für dieses Zugeständnis muss man ja dankbar sein. Da die Leistungsunterschiede aber fließend sind, die einen bei der Kaderberufung Glück, andere Pech gehabt haben, entstehen alleine schon daraus Probleme. Weshalb darf die eine trainieren und der andere nicht? So etwas fördert natürlich nicht gerade das sowieso schon lädierte Gruppengefüge. Schließlich lebt die Jugendleichtathletik nicht nur von den Top-Leuten, sondern ist in ganz besonderem Maße auf einen starken Unterbau angewiesen, der überhaupt erst das so förderliche sportliche und soziale Ambiente schafft.

Wie eine neue Normalität nach dem bislang immer noch nicht absehbaren Ende der Corona-Maßnahmen aussehen wird, kann heute noch niemand sagen. Und mit welchen Auswirkungen die vielen Sportvereine künftig werden kämpfen müssen, erst Recht nicht. Vereine seien der „Kitt unserer Gesellschaft“, heißt es immer in schönen Sonntagsreden, dieser Kitt ist zweifellos gerade ganz gewaltig am Bröckeln – und Kinder und Jugendliche leiden offensichtlich am meisten darunter!!